Start Wissenschaft Pharmakologie Schleimstoffe: Helfer zur Reizlinderung

Schleimstoffe: Helfer zur Reizlinderung

Schleimstoffe sind Helfer bei Reizhusten und dienen der Reizlinderung entzündeter Schleimhäute. Die drei wesentlichen Indikationen, in denen Schleimstoffe sinnvoll eingesetzt werden, sind Entzündungen im Mund- und Rachenraum, gereizte Schleimhaut im Magen- und Darmbereich und auch zur Behandlung und Beruhigung entzündeter Hautstellen im äußerlichen Bereich.

Die Wilde Malve, von der sowohl Blüten als auch Blätter therapeutisch genutzt werden, ist eine klassische Vertreterin der Schleimdrogen, die bei Reizungen der Schleimhaut im Mund- und Rachenraum und dem damit oft verknüpften Reizhusten zur Anwendung kommt. Da in dieser Heilpflanze vorwiegend Schleimstoffe und kaum Stärke oder andere Polysaccharide zu finden sind, ist die Teeherstellung häufigste Arzneiform bei ihrer medizinischen Verwendung.

Im Vergleich dazu werden einige weitere Heilpflanzen in diesem Indikationsbereich sehr häufig in mehreren Arzneiformen eingesetzt. Sie besitzen außer den Schleimstoffen zusätzlich Stärke, Pektine oder andere Stoffe, die in Tee, Sirup oder Fertigprodukten vorhanden sind. Dazu gehören z.B. die Blätter oder Wurzeln des Eibischs, die Blüten der Königskerze, die Blätter oder das Kraut des Spitzwegerichs und der Thallus der Isländischen Flechte – um nur einige der wichtigsten Vertreter in dieser Indikation zu nennen.

Während die meisten Wirkstoffe, die in den Heilpflanzen gebildet werden und die wir als Heilmittel nützen, Produkte des Sekundärstoffwechsels der Pflanzen sind, werden die Schleimstoffe im Primärstoffwechsel als Teil der Kohlenhydrate auch zum Eigennutzen der Pflanzen produziert.

Eigenschaften von Schleimstoffen

Bei den umgangssprachlich als „Schleimstoffe“ bezeichneten pflanzlichen Schleimpolysacchariden handelt es sich um strukturell sehr unterschiedliche Verbindungen, die in verschiedenen pflanzlichen Organen – meist in Blüten, Blättern oder Wurzeln – vorkommen. Sie sind für die Pflanzen Reservestoffe oder Wasserspeicher. Im Unterschied zu anderen Polysacchariden (Vielfachzucker) wie der Stärke oder der Cellulose, die nur aus dem Monosaccharid Glucose bestehen, werden Schleimstoffe aus verschiedenen Zuckerarten (Glucose, Mannose, Fructose, Galactose oder Glucuronsäure) mit unterschiedlichen Eigenschaften gebildet, die sauer oder neutral reagieren können. Da die Schleimstoffe aus verschiedenen Einfachzuckermolekülen zu Polysacchariden (auch Vielfachzucker oder Glycane genannt) geformt werden, tragen sie auch die Bezeichnung Heteroglycane im Unterschied zu den Homoglycanen – wie z.B. die Stärke, die ausschließlich aus vielen Glukosebausteinen entsteht.

Trotz der Unterschiede in der chemischen Zusammensetzung haben die Schleimstoffe gemeinsam, dass sie auch in kaltem Wasser löslich sind. Natürlich ist auch eine Zubereitung mit heißem Wasser möglich. Dabei ist aber zu beachten, dass sich dann eventuell in der Droge vorhandene Stärke ebenso im heißen Wasser löst. Schleimhaltige Drogen werden wegen ihrer quellenden Eigenschaften angewendet und über ihre Quellungszahl definiert. Sie bilden hochviskose Lösungen, die im Vergleich zu Gummen – wie beispielsweise Gummi arabicum – zwar eine ähnliche Polysaccharidstruktur aufweisen, aber keine klebenden Eigenschaften besitzen.

Schleimstoffe sind ausschließlich lokal wirksam, werden nicht resorbiert und hüllen die Haut bzw. Schleimhäute ein. Sie können sich dadurch aber auch resorptionsmindernd auf andere Stoffe oder Arzneimittel auswirken. Schleimstoffe sind auch stark wasserbindend!

Reizlinderung und Reizhusten

Oft sind Viren der Auslöser für Entzündungen im Mund und Rachenraum, die sich dann in die Bronchien oder in den Nasen- und Nebenhöhlenbereich ausdehnen. Die Schleimhäute im Bereich der Atemwege wie im Rachen, Kehlkopf, in der Luftröhre und in den Bronchien reagieren auf mechanische, chemische und entzündliche Reize – durch Reflexe gesteuert – mit Husten. Gereizte Schleimhäute neigen besonders in der noch trockenen Phase zu Hustenreiz. Dieser kann durch die einhüllende, reizmildernde Wirksamkeit der Schleimstoffe gemildert werden, da auch die Entzündung reduziert wird.

Magen-Darm-Bereich

Schleimstoffe sind nicht nur zur Beruhigung bei Erkältungskrankheiten und Hustenreiz geeignet. Ein zweiter wichtiger Einsatzbereich liegt im Magen-Darm-Bereich, wenn Entzündungen der Schleimhaut gemildert werden sollen – wie z.B. bei einer Gastritis – oder man nützt die Quellfähigkeit und Möglichkeit, Wasser zu binden. Wegericharten besitzen beispielsweise die Fähigkeit, überschüssige Flüssigkeit bei Durchfallerkrankungen mit den Schleimstoffen zu binden, um dadurch wieder zu einer normalen Stuhlkonsistenz zu kommen. Umgekehrt nützt man die Quellfähigkeit der schleimführenden Drogen zur Anregung der Darmperistaltik bei Menschen mit hartnäckigen Stuhlproblemen. Eine Eigenschaft der Schleimstoffe liegt auch darin, sehr saure Früchte oder Lebensmittel geschmacklich zu neutralisieren. Z.B. würden Himbeeren im Geschmack wesentlich saurer empfunden werden, wären nicht Schleimstoffe da, die diese Fruchtsäuren abpuffern.

Heilpflanzen mit hohem Schleimstoffanteil

Wilde Malve und Eibisch

In der Familie der Malvengewächse nützen wir einige Heilpflanzen, die reichliche Vorkommen an Polysacchariden besitzen. Die Wilde Malve und weitere Malvenarten in der Gattung der Malven lagern vorwiegend Schleimstoffe in ihren Organen. Medizinisch werden die Blätter und die Blüten als Drogen genutzt. Bei einer anderen Gattung in dieser Familie – dem Eibisch – werden Blätter und Wurzeln zur Gewinnung der Polysaccharide verwendet. Eibischwurzeln und Eibischblätter enthalten außer den Schleimstoffen noch Stärke und Pektine. Während beim wässrigen Kaltauszug fast ausschließlich die Schleimstoffe in Lösung gehen und die Stärke nur in Spuren vorhanden ist, geht die Stärke bei höheren Temperaturen auch in größeren Mengen in Lösung und verursacht damit eine wesentliche Trübung der Lösung. Aber auch die Strukturen der Schleimstoffe innerhalb dieser Familie sind beim Eibisch und bei den Malven unterschiedlich.

Weitere Arzneipflanzen

Neben den beiden Schleimdrogen aus der Familie der Malvengewächse nützt die Phytotherapie weitere Arzneipflanzen mit bedeutenden Anteilen an Schleimstoffen, aber zusätzlich auch mit weiteren hustenwirksamen Wirkstoffen. Hier ist in erster Linie der Spitzwegerich zu nennen, der durch die Iridoidglykoside – wie z.B. das Aucubin – eine erweiterte Wirksamkeit besitzt. Aber auch die Isländische Flechte (Isländisch Moos) mit den zusätzlichen Flechtensäuren oder die Blüten der Königskerzen, die mit den Saponinen die Wirkung der Schleimstoffe erweitern, sind vielfach eingesetzte hustenwirksame Schleimdrogen. Eine kleine Variante dazu sind Lindenblüten, die einerseits Schleimstoffe zur Beruhigung der Schleimhäute besitzen, aber auch durch ihre Flavonoide bei Erkältungskrankheiten die Abwehrkräfte steigern und sich bei grippalen Infekten als wertvolle Hilfe erweisen. Flohsamen: Zwei Arten vom Flohsamen werden wegen ihres teilweise enorm hohen Anteils an Schleimstoffen angewendet. Als Monographie stehen die Samen vom Flohsamen-Wegerich, vom Indischen Flohsamen und von dessen Flohsamenschalen zur Verfügung. Die unverdaulichen Polysaccharide können bei gereizter Schleimhaut im Magen-Darm eingesetzt werden und verbessern die Situation bei einer Gastritis. Meist nützt man aber die Quellfähigkeit, um den Stuhl weicher zu machen, verbessert damit die Gleitfähigkeit im Darm und nützt durch die Volumenerhöhung die Verbesserung der Darmperistaltik. Dadurch können Darmträgheit und Verstopfung (Obstipation) therapiert, aber durch die hohe Aufnahmefähigkeit von Wasser überschüssige Flüssigkeit im Darm bei Durchfallerkrankungen gebunden werden. Zusätzlich verbessern die Polysaccharide dieser Wegerichgewächse die Situation bei Hyperlipidämie (erhöhte Blutfettwerte) oder bei Reizdarm. Durch diese Eigenschaften sind die Samen vom Flohsamen noch höher einzuschätzen als die sicher gut wirksamen Stoffe im Leinsamen.

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