Eine soeben veröffentlichte Langzeitstudie zeigt: Menschen mit Prädiabetes senken ihr Risiko für Typ-2-Diabetes deutlich, wenn sie ihren Blutzuckerspiegel normalisieren – auch ohne abzunehmen. Dies könnte künftige Therapieempfehlungen verändern.
Die herkömmliche Empfehlung zur Vorbeugung von Typ-2-Diabetes bei Prädiabetes lautet: Gewicht reduzieren. Doch eine Analyse von Daten aus der Prediabetes Lifestyle Intervention Study (PLIS) zeigt: Entscheidend ist vielmehr die Normalisierung des Blutzuckerspiegels – unabhängig vom Körpergewicht.
An der Studie waren das Helmholtz Zentrum München, das Universitätsklinikum Tübingen und das Deutsche Zentrum für Diabetesforschung (DZD) beteiligt. Die Ergebnisse wurden Ende September in „Nature Medicine“ veröffentlicht.
Studie mit über 1.100 Teilnehmenden
In der PLIS-Studie wurden über einen Zeitraum von bis zu zehn Jahren mehr als 1.100 Personen mit Prädiabetes beobachtet. 234 von ihnen nahmen innerhalb eines Jahres trotz Lebensstiländerung nicht ab oder legten sogar an Gewicht zu. Dennoch normalisierte sich bei 22% dieser Gruppe der Blutzuckerspiegel.
Diese Remission des Prädiabetes – also die Rückkehr zu normalen Blutzuckerwerten – senkte das Risiko für die Entwicklung eines Typ-2-Diabetes um 71%. Ein vergleichbarer Wert wurde bei jenen beobachtet, die durch Gewichtsverlust eine Remission erreichten (73%).
Fettverteilung entscheidender als Körpergewicht
Ein zentraler Befund der Studie betrifft die Fettverteilung im Körper: Personen mit erfolgreicher Blutzucker-Normalisierung ohne Gewichtsverlust hatten im Vergleich weniger viszerales Fett (Bauchfett), jedoch mehr subkutanes Fett (unter der Haut).
Viszerales Fett gilt als besonders problematisch, da es entzündungsfördernde Botenstoffe freisetzt und die Insulinsensitivität stört, was ein wesentlicher Risikofaktor für Typ-2-Diabetes ist.
Blutzuckerkontrolle als primäres Therapieziel
„Die Wiederherstellung eines normalen Nüchternblutzuckerspiegels ist das wichtigste Ziel zur Prävention von Typ-2-Diabetes und nicht zwingend die Zahl auf der Körperwaage“, betont Prof. Dr. Andreas Birkenfeld, Studienleiter und Direktor des Instituts für Diabetesforschung und Metabolische Erkrankungen (IDM) von Helmholtz Munich.
Auch Co-Autor Prof. Dr. Reiner Jumpertz von Schwartzenberg plädiert für eine Anpassung der Leitlinien: „Die Leitlinien zur Prävention und Behandlung von Typ-2-Diabetes sollten künftig nicht nur das Gewicht, sondern vor allem die Blutzuckerkontrolle und Fettverteilungsmuster berücksichtigen.“
Praxisrelevant, da Gewichtsreduktion die Ausnahme ist
Die Ergebnisse sind auch deshalb so relevant, da in der Praxis eine nachhaltige Gewichtsreduktion selten erreichbar sei und in über 90% der Fälle ein Rückfall eintritt, schreiben die Forschenden. Die Wahrscheinlichkeit, ein normales Körpergewicht zu erreichen, sei bei Menschen mit schwerer Adipositas sehr gering.
Originalpublikation:
PharmaTime hat dem Thema Diabetes und die Rolle der Apotheken einen eigenen Schwerpunkt in Ausgabe 7-8/2025 gewidmet.
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