Start Wissenschaft Neue Therapien gegen entzündliche Fettleber bald in Österreich

Neue Therapien gegen entzündliche Fettleber bald in Österreich

Mit den Wirkstoffen Resmetirom und Semaglutid stehen nun erstmals wirksame Therapien gegen die entzündliche Fettleber in Aussicht. Experten wie der Innsbrucker Mediziner Herbert Tilg sprechen von einem Wendepunkt in der Behandlung.

Medikament Resmetirom und Abnehmspritzen bieten neue Perspektiven

Die entzündliche Fettlebererkrankung – medizinisch als metabolische Dysfunktion-assoziierte Steatohepatitis (MASH) bekannt – zählt zu den häufigsten Ursachen für Leberzirrhose und Leberkrebs. 

Nun steht ein Therapiewandel bevor: Wie der renommierte Innsbrucker Gastroenterologe Univ.-Prof. Dr. Herbert Tilg im APA-Interview erklärte, könnten in Österreich demnächst der Wirkstoff Resmetirom sowie die GLP-1-Agonisten Ozempic® und Wegovy® (beide mit dem Wirkstoff Semaglutid) breit zum Einsatz kommen.

Zulassung und Wirkung von Resmetirom

Resmetirom (Rezdiffra®) erhielt im März 2024 in den USA eine beschleunigte Zulassung aufgrund der Ergebnisse einer Phase-III-Studie. Mitte Juni dieses Jahres hat auch die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) die bedingte Zulassung in Verbindung mit Diät und Bewegung empfohlen. 

Der Wirkstoff reduziert nachweislich die Entzündung in der Leber und verbessert die Bindegewebsbildung – zentrale Parameter bei der entzündlichen Fettleber. „Es ist die erste wirksame Therapie, die die Medizin in diesem Bereich definiert hat“, betont Tilg, Direktor der Universitätsklinik für Innere Medizin I an der Medizinischen Universität Innsbruck. Zudem zeige das Präparat positive Effekte auf den Stoffwechsel. Tilg, der national wie international federführend in diesem Bereich forscht, rechnet mit dem flächendeckenden Einsatz in Österreich 2026.

Semaglutid ebenfalls vielversprechend

Auch die ursprünglich zur Behandlung von Diabetes Typ 2 entwickelten Medikamente Ozempic® und Wegovy®, die den Wirkstoff Semaglutid enthalten, zeigen laut Studien eine signifikante Verbesserung bei MASH. Sie wirken über die Nachahmung des körpereigenen Hormons GLP-1, das bei vielen Patientinnen und Patienten vermindert vorliegt. 

Momentan werden diese Medikamente in Österreich jedoch nur bei Diabetes erstattet. Mittlerweile steige aber der Druck, es auch in der Behandlung von MASH breit einzusetzen. Tilg geht davon aus, dass der Einsatz auch hier bald möglich sein wird.

Therapie erfordert auch Lebensstiländerung

Wichtig bleibt laut Tilg: Eine medikamentöse Behandlung muss mit einer nachhaltigen Änderung des Lebensstils einhergehen. „Gewichtsabnahme ist eine sehr potente, entzündungshemmende Maßnahme“, so der Experte. Wirkstoffe wie Semaglutid könnten dabei unterstützend wirken, seien aber kein Ersatz für gesunde Gewohnheiten.

Nach aktuellen Schätzungen leidet rund ein Drittel der Weltbevölkerung an einer nicht entzündlichen Vorstufe der Fettleber: einer metabolischen Dysfunktion-assoziierten steatotischen Lebererkrankung (MASLD). Umgerechnet auf Österreich sind das etwa drei Millionen Menschen. Etwa 20% davon entwickeln die gefährliche entzündliche Form. Damit einher geht ein erhöhtes Risiko für Leberzirrhose und Leberkrebs.

Univ.-Prof. Dr. Herbert Tilg, Direktor der Universitätsklinik für Innere Medizin I, MedUni Innsbruck
© MedUni Innsbruck / D. Bullock

Jetzt können wir etwas tun. Das ist ein Wendepunkt, ein Neustart. In Zukunft kann diese Krankheit wirksam bekämpft werden.

Univ.-Prof. Dr. Herbert Tilg
Direktor der Universitätsklinik für Innere Medizin I, MedUni Innsbruck

Neben Übergewicht spielen auch Ernährung, Darmkeime, Genetik und Alkoholkonsum eine Rolle bei der Entstehung von MASH. Besonders Alkohol wirke in Kombination mit einer Fettleber wie ein Brandbeschleuniger und führe, so Tilg, besonders schnell zu schweren Leberschäden.

Tilg zeigt sich zuversichtlich, dass die neuen Behandlungsmöglichkeiten in Österreich bald verfügbar sind. „Jetzt können wir etwas tun. Das ist ein Wendepunkt, ein Neustart. In Zukunft kann diese Krankheit wirksam bekämpft werden.“ 

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