Gerade in der Herbst-Winter-Saison boomt der Verkauf von Nasensprays. Diese, meist mit den Wirkstoffen wie Xylometazolin oder Oxymetazolin, sind für eine kurzfristige Anwendung gedacht. Viele Patientinnen und Patienten unterschätzen jedoch die Abhängigkeitspotenziale dieser Sprays bei längerer Anwendung.
Mechanismen der Abhängigkeit
Laut der Fachinformation für abschwellende Nasensprays führen Überdosierung und langfristige Verwendung häufig zu einer Reaktion der Nasenschleimhaut, die sich als Rhinitis medicamentosa äußert. Produkte, die das Konservierungsmittel Benzalkoniumchlorid enthalten, verstärken und begünstigen die Entwicklung dieser. Zu den Symptomen zählen eine reaktive Hyperämie und eine Atrophie der Schleimhaut.
Was ist reaktive Hyperämie?
Reaktive Hyperämie bezeichnet eine vermehrte Durchblutung eines Gewebes, die als Reaktion auf eine vorhergehende Verminderung des Blutflusses auftritt. Bei der Anwendung von abschwellenden Nasensprays kommt es zunächst zu einer Verengung der Blutgefäße (Vasokonstriktion), was die Schwellung der Nasenschleimhaut verringert. Wenn das Spray jedoch über einen längeren Zeitraum hinweg verwendet wird, kann die Nasenschleimhaut gereizt werden, was zu einer erneuten Erweiterung der Blutgefäße führt, und die Durchblutung erhöht. Diese erhöhte Durchblutung kann zu einer Schwellung der Schleimhaut führen, die das ursprüngliche Problem der Nasenverstopfung verstärkt und einen Teufelskreis in Gang setzt.
Was ist Atrophie der Schleimhaut?
Atrophie der Schleimhaut hingegen ist der Prozess, bei dem das Gewebe der Nasenschleimhaut dünner und weniger funktionsfähig wird. Bei fortwährender Anwendung von abschwellenden Nasensprays kann die Nasenschleimhaut durch die ständige Chemikalienexposition geschädigt werden. Dies führt zu einer Abnahme der Schleimhautdicke, was wiederum die Schutzfunktionen der Nasenschleimhaut beeinträchtigt. Eine atrophierte Schleimhaut ist anfälliger für Irritationen, Entzündungen und Infektionen, wodurch das Risiko für chronische Nasenprobleme erhöht wird. Somit zeigt sich, dass reaktive Hyperämie und Atrophie der Schleimhaut schwerwiegende Folgen einer missbräuchlichen Anwendung von abschwellenden Nasensprays sind und zu einer chronischen Nasenverstopfung und anderen Beschwerden führen.
Entwöhnung und Behandlung
Die Entwöhnung einer Nasenspray-Sucht kann eine Herausforderung darstellen, erfordert Geduld und einen strukturierten Ansatz. Um sich von der Abhängigkeit zu lösen, ist es ratsam, die Anwendung schrittweise zu reduzieren. Ein bewährter Ansatz ist die sogenannte „Ein-Loch-Methode“, bei der das abschwellende Spray zunächst nur in einem Nasenloch angewendet wird, während das andere Nasenloch ohne Spray bleibt. Dies ermöglicht es der Schleimhaut des nicht behandelten Nasenlochs, sich zu erholen, während das andere weiterhin behandelt wird. Nach einiger Zeit wird das Spray im behandelten Nasenloch ebenfalls abgesetzt. Daneben stellt die Dosisreduktion auch eine ideale Entwöhnungsmethode dar. Dabei wird die Konzentration des Wirkstoffes mittels Verdünnung mit Kochsalzlösung schrittweise reduziert. Die Anwendung von Kinder- und Säuglingsdosierungen eignen sich idealerweise dabei zu Beginn der Therapie.
Zusätzlich können nasale Glukokortikoide hilfreich sein, da sie Entzündungen in der Nasenschleimhaut reduzieren und die Abhängigkeit von abschwellenden Sprays verringern. Auch die Anwendung von Kochsalzlösungen zur Nasenspülung befeuchtet die Schleimhaut und lindert somit die Symptome während der Entwöhnung. Es ist wichtig zu verstehen, dass die erste Woche der Entwöhnung oft die schwierigste ist. In dieser Zeit sind Entzugserscheinungen wie Kopfschmerzen, verstärkte Nasenverstopfung oder allgemeines Unwohlsein durchaus möglich. Die Bereitschaft zur Veränderung und die Unterstützung von Angehörigen oder Fachleuten sind dabei sicherlich entscheidend, um diesen Prozess erfolgreich zu gestalten. Langfristig ist es ratsam, die Verwendung von abschwellenden Nasensprays zu vermeiden, da selbst nach einer längeren Pause die Gefahr besteht, erneut von ihnen abhängig zu werden. Daher ist es wichtig, den eigenen Umgang mit solchen Medikamenten zu hinterfragen und bei Bedarf frühzeitig Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Glossar
Alpha-Sympathomimetika
sind Medikamente, die das sympathische Nervensystem aktivieren, indem sie an spezielle Rezeptoren (Alpha-Rezeptoren) binden. Sie erhöhen den Blutdruck, verengen Blutgefäße und können bei Nasenschwellungen helfen, indem sie die Schleimhäute abschwellen lassen.
Atrophie
bezeichnet den Rückgang oder die Schrumpfung von Gewebe oder Organen, oft aufgrund einer verminderten Nährstoffversorgung, fehlender Nutzung oder anderer schädlicher Einflüsse.
Vasokonstriktion
bezeichnet den Prozess, bei dem sich die Blutgefäße verengen, was zu einer Reduzierung des Blutflusses in bestimmten Körperregionen führt. Dieser Vorgang wird durch das Zusammenziehen der glatten Muskulatur in den Wänden der Blutgefäße verursacht und kann durch verschiedene Faktoren wie Hormone, Nervenimpulse oder chemische Substanzen, darunter auch Sympathomimetika, ausgelöst werden.




