Eine neue Umfrage zeigt: Obwohl klinische Studien als unverzichtbar für den medizinischen Fortschritt gelten, sieht ein Drittel der Österreicher Studienteilnehmende als „Versuchskaninchen“. Je niedriger der Bildungsstand, desto mehr Bedenken und Unsicherheit bestehen.
Klinische Forschung: Anerkennung trifft auf Skepsis
Klinische Studien gelten für eine große Mehrheit der Bevölkerung als wesentlicher Baustein medizinischen Fortschritts. Laut einer aktuellen repräsentativen Umfrage von Spectra im Auftrag von MSD Österreich halten 84% der Befragten klinische Studien für wichtig und fast ebenso viele eine Teilnahme daran als potenziell lebensrettend.
Gleichzeitig zweifeln 22% an der Sicherheit solcher Studien – je niedriger der Bildungsabschluss, desto häufiger die Zweifel. Ein Drittel stimmt gar der Aussage zu, dass „Menschen, die an klinischen Studien teilnehmen, ein ‚Versuchskaninchen‘ sind“. Die Umfrageergebnisse wurden am 16. Oktober im Rahmen einer Pressekonferenz präsentiert.
Teilnahmebereitschaft bei schweren Erkrankungen höher
Ob jemand selbst an einer klinischen Studie teilnehmen würde, hängt stark von der Diagnose ab. Besonders hoch (38–47%) ist die abgefragte Bereitschaft zur Teilnahme im Falle schwerer Erkrankungen wie Krebs, Alzheimer/Demenz, Parkinson, Multipler Sklerose oder seltenen Erkrankungen. Am geringsten war die Teilnahmebereitschaft bei psychischen Erkrankungen (27%).
Ohne bestehende Erkrankung würden dagegen lediglich 12% teilnehmen, dabei sind gerade in frühen Studienphasen gesunde Freiwillige zentral.
Aufklärung als Schlüssel
Die Umfrage zeigte, dass nur 8% den Unterschied zwischen präklinischen und klinischen Studien kennen. Das erkläre auch die niedrige Bereitschaft zur Studienteilnahme ohne bestehende Erkrankung, die in den ersten beiden von drei klinischen Studienphasen essenziell sei.

Wissenschaftlicher Fortschritt ist nur möglich, wenn er verstanden und mitgetragen wird. Gerade in den frühen Phasen klinischer Studien sind wir auf gesunde Freiwillige angewiesen, weshalb Aufklärung auch dort stattfinden muss.
Univ.-Prof. Dr. Freyja-Maria Smolle-Jüttner
Präsidentin der Ludwig Boltzmann Gesellschaft
„Die Ergebnisse zeigen, dass wir nicht nur mehr forschen, sondern auch mehr erklären müssen“, betonte Univ.-Prof. Dr. Freyja-Maria Smolle-Jüttner, Präsidentin der Ludwig Boltzmann Gesellschaft. „Wissenschaftlicher Fortschritt ist nur möglich, wenn er verstanden und mitgetragen wird. Gerade in den frühen Phasen klinischer Studien sind wir auf gesunde Freiwillige angewiesen, weshalb Aufklärung auch dort stattfinden muss.“
Auch MSD Österreich will künftig gezielter informieren, um das Vertrauen in die Forschung zu stärken. Man müsse Unsicherheiten und Wissenslücken beseitigen, so Geschäftsführerin Dipl.rer.nat. Nicole Schlautmann. Das Unternehmen hat derzeit selbst über 50 aktive Studien in Österreich. Insgesamt wurden in den vergangenen fünf Jahren hierzulande jährlich im Schnitt 250 klinische Studien beantragt.

Wir müssen weiter daran arbeiten, das Vertrauen der Bevölkerung in die Forschung und Wissenschaft zu erhöhen. Auch das ist wesentlich, wenn wir Österreich als Standort für Medikamentenstudien international weiter vorne positionieren wollen.
Mag. Alexander Herzog
Pharmig Generalsekretär
Pharmig-Generalsekretär Mag. Alexander Herzog sieht in den Ergebnissen der Umfrage einen klaren Auftrag: „Wir müssen weiter daran arbeiten, das Vertrauen der Bevölkerung in die Forschung und Wissenschaft zu erhöhen. Auch das ist wesentlich, wenn wir Österreich als Standort für Medikamentenstudien international weiter vorne positionieren wollen.“
Standort Österreich: Chancen und wirtschaftlicher Nutzen
Der volkswirtschaftliche Nutzen sei beachtlich: Im Zuge von Medikamentenstudien übernehmen pharmazeutische Unternehmen die Kosten für die Prüfmedikation und Diagnostik. Dies entspricht laut Pharmig einem jährlichen Behandlungswert von rund 100 Mio. Euro, den das Gesundheitssystem einspart. Dazu kommen über 2.000 Vollzeitstellen und ein Wertschöpfungsfaktor von 1,95 pro investiertem Euro.




