Österreich ist bei der HPV-Impfung gegen mehrere Krebsarten noch weit vom WHO-Ziel entfernt. Nur 52% der 14-jährigen Mädchen und Buben sind geimpft, 90% sollten es sein. Fachleute präsentierten nun ein Weißbuch mit 16 konkreten Handlungsempfehlungen und fordern einen nationalen Aktionsplan.
Humane Papillomaviren (HPV) gelten als eine der häufigsten Infektionskrankheiten weltweit – und als Hauptursache für mehrere vermeidbare Krebserkrankungen, allen voran Gebärmutterhalskrebs. Eine HPV-Impfung reduziert das Risiko für diesen Krebs um bis zu 90%, dennoch liegt Österreich bei der Durchimpfungsrate nur im EU-Mittelfeld. Dabei ist die Impfung für bestimmte Altersgruppen sogar im kostenfreien Impfprogramm enthalten.
Weißbuch als erster Schritt
„Wir wissen, was zu tun ist. Was fehlt, ist ein verbindlicher, österreichweiter Aktionsplan“, sagte Univ.-Prof. Dr. Elmar Joura, Leiter der Ambulanz für Cervix- und Vulvapathologie an der MedUni Wien, anlässlich der Präsentation des Weißbuchs „HPV-Elimination in Österreich“ am 24. Juni 2025 in Wien. Das Weißbuch sei ein erster, konkreter Schritt: „Wir haben einige Maßnahmen identifiziert, die sofort und koordiniert umsetzbar sind.“
Das multidisziplinäre Fachgremium fordert unter anderem ein Einladungssystem zur Impfung, den Ausbau oder die Reaktivierung von Schulimpfungen durch Schulärzte und -ärztinnen, mehr Impfmöglichkeiten in Arbeitsstätten, bessere Dateninstrumente – etwa den e-Impfpass –, ein strukturiertes HPV-Screeningprogramm sowie einen jährlichen HPV-Report. „Wir wissen, wo wir hinwollen. Jetzt geht es darum, aus den Erfahrungen zu lernen und die Empfehlungen der Expertinnen und Experten aufzunehmen“, versicherte Dr. Katharina Reich, Chief Medical Officer im Gesundheitsministerium.
Apothekerschaft unterstützt HPV-Handlungsempfehlungen
Die Apothekerschaft unterstützt das Weißbuch und die veröffentlichten Handlungsvorschläge. „Impfungen zählen, ebenso wie Antibiotika, zu den größten pharmazeutischen Errungenschaften aller Zeiten und haben inzwischen Hunderte Millionen Menschenleben gerettet. Die HPV-Impfung gehört dazu“, sagt Mag.pharm. Dr. Ulrike Mursch-Edlmayr, Präsidentin der Österreichischen Apothekerkammer. „Sie ist eine der wichtigsten Vorsorgemaßnahmen im Kampf gegen Krebs. Von Apothekerinnen und Apothekern wird diese Impfung im Rahmen der persönlichen Impfberatung daher auch ausdrücklich empfohlen.“

Die HPV-Impfung ist eine der wichtigsten Vorsorgemaßnahmen im Kampf gegen Krebs. Von Apothekerinnen und Apothekern wird diese Impfung im Rahmen der persönlichen Impfberatung daher auch ausdrücklich empfohlen.
Mag.pharm. Dr. Ulrike Mursch-Edlmayr
Präsidentin der Österreichischen Apothekerkammer
Regionale Unterschiede, positive Erfahrungen in Wien
Bei der Impfrate gibt es große regionale Unterschiede. Erfahrungen aus der Bundeshauptstadt zeigen: „Wenn wir niederschwellig impfen und aktiv einladen, steigen die Raten. So haben wir in Wien durch Schulimpfungen und das öffentliche Impfangebot sowie kooperierende Stakeholder eine Durchimpfungsrate von über 80% bei Mädchen im Alter von 14 Jahren erreicht. Bei den Buben befinden wir uns derzeit noch bei knappen 70%“, so Dr. Ursula Karnthaler, Landessanitätsdirektorin der Stadt Wien. Diese Quoten wolle man in den kommenden Jahren noch steigern.
Auch Buben gegen HPV impfen
Österreichweit beträgt die Durchimpfungsrate 52%. Während Wien bei den 14-Jährigen beider Geschlechter insgesamt 76% Durchimpfungsrate erreicht, hinken Salzburg (29%) sowie Nieder- und Oberösterreich (40 bzw. 44%) am meisten hinterher. Die Zahlen gehen aus dem Online-HPV-Cockpit des Impfstoffherstellers Merck Sharp & Dohme (MSD) hervor. Besonders beim Thema Impfung sei es entscheidend, Vertrauen aufzubauen und zielgruppengerecht zu kommunizieren, empfahl Univ.-Prof. Dr. Anita Rieder, Vizerektorin und Leiterin des Zentrums für Public Health der MedUni Wien.
Bis 2030 sollen 90% aller Mädchen bis zum Alter von 15 Jahren gegen HPV geimpft sein, so das von der Weltgesundheitsorganisation WHO ausgegebene Ziel. Die Impfung ist aber auch für Buben wichtig, sie schützt vor Krebs am Penis sowie beide Geschlechter vor Krebs am After oder im Mundraum und vor Genitalwarzen. Frauen und Männer infizieren sich übrigens gleich häufig mit HPV, wodurch rund 80% aller Menschen im Laufe ihres Lebens betroffen sind.
Für 21- bis 30-Jährige nur mehr kurz gratis
Die Impfung gegen HPV wirkt prophylaktisch. Der österreichische Impfplan sieht sie daher im Alter zwischen neun und elf Jahren vor. Der Schutz, so die Fachleute, ist dadurch besonders langanhaltend. Zudem erfolgt die Impfung dann in der Regel vor ersten sexuellen Kontakten und somit meist vor einem Kontakt mit HPV.
Die Impfung ist kostenfrei und bis zu einem Alter von 30 Jahren als Nachholimpfung vorgesehen. Für Über-20-Jährige gilt das Angebot jedoch nur mehr bis Jahresende 2025. Die zweite Impfdosis wird sechs Monate nach der ersten empfohlen. Deshalb sollten sich Interessierte noch in den kommenden Tagen die erste Impfdosis holen, damit auch die zweite noch kostenlos ist.
Das Weißbuch wurde am 23. Juni 2025 im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Zukunft Gesundheit“ der Karl Landsteiner Gesellschaft in Wien präsentiert. Hier geht es zum Download Weißbuch „HPV-Elimination in Österreich“




