Derzeit ist die Gesundheitshotline 1450 je nach Bundesland unterschiedlich ausgebaut. Die Bundesregierung will das Serviceangebot nun österreichweit vereinheitlichen. Die Apothekerkammer begrüßt diesen Schritt, immerhin agieren Apotheken als einzige schon jetzt bundesweit koordiniert und sollten demnach systematisch mit den Angeboten der Gesundheitshotline gekoppelt werden.
Seit November 2019 existiert mit der Gesundheitsberatung 1450 eine österreichweite, kostenlose und rund um die Uhr erreichbare Erstanlaufstelle bei Gesundheitsfragen und akuten Symptomen. Speziell geschultes, diplomiertes Gesundheits- und Krankenpflegepersonal fungiert dabei als Wegweiser durch das Gesundheitssystem und ist die erste, niederschwellige Anlaufstelle bei akuten Beschwerden, die keinen medizinischen Notfall darstellen.
Hotline 1450 als „Gesundheits-Navi“
Nach den Plänen von Vizekanzler Andreas Babler (SPÖ) soll die Hotline 1450 „zu einem Gesundheits-Navi für Österreich ausgebaut werden“. Verantwortlich für die Umsetzung sind Sozialministerin Korinna Schumann sowie Gesundheitsstaatssekretärin Ulrike Königsberger-Ludwig (beide SPÖ). Ende 2025 soll dazu ein Kooperationsvertrag mit den Ländern geschlossen werden. Schon 2026 könnten die ersten Ausbauschritte erfolgen.
Hotline-Angebot derzeit bundesländerspezifisch
Derzeit ist der Aufbau der Hotline von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich. So kann man beispielsweise über 1450 in Wien bereits Termine in Primärversorgungseinheiten buchen. Die Steiermark vermittelt nachts einen mobilen Notdienst, in Oberösterreich erfolgt eine gezielte Zuweisung in Spitalsambulanzen. Eine Bestandserhebung mit den Bundesländern sei bereits erfolgt. Nun will die Bundesregierung das Angebot sukzessive angleichen und erweitern.
1450 ist niederschwellig, auch für Nicht-Digitalaffine
Zu den Angebotserweiterungen zählen u.a. Terminservices, Videoberatung und digitale Rückrufe. Die Hotline 1450 soll als niederschwelliges Angebot die erste Anlaufstelle im Gesundheitssystem sein: einfach erreichbar, verständlich und verlässlich für alle. Babler betont: „Mit dem Gesundheits-Navi 1450 soll jeder schnellstmöglich genau die medizinische Versorgung bekommen, die er oder sie benötigt – und zwar auf Kassa.“
Im Zeitalter digitaler Angebote sei es außerdem immer wichtig, darauf zu achten, dass keine Personengruppe ausgeschlossen wird. Daher könne, laut Königsberger-Ludwig, der Ausbau der Gesundheitshotline 1450 gerade für ältere, nicht digitalaffine Menschen eine niederschwellige Alternative sein, etwa um Arzttermine zu vereinbaren.1
Patientenlenkung mit 1450 in Wien erfolgreich
Das Angebot in Wien ist derzeit am umfangreichsten ausgebaut. So werden durch Anrufe bei 1450 Wien rund 85% der Patientinnen und Patienten, die sonst möglicherweise unnötig eine Spitalsambulanz aufgesucht oder die Rettung gerufen hätten, in andere Versorgungsstrukturen umgeleitet. „Damit bleiben nur die wirklich wichtigen Rettungsausfahrten übrig“, betonte David Reif, Leiter der 1450 Gesundheitsberatung Wien, im Rahmen einer Enquete der Bundeskurie angestellte Ärzte (BKAÄ) im Mai letzten Jahres.2
Apothekerschaft: Entwicklung über telefonische Angebote hinaus
Für die österreichische Apothekerschaft stellt die Weiterentwicklung der öffentlichen Apotheken als stationäre Gesundheitslotsen eine wichtige Maßnahme zum Schutz der Versorgungssicherheit dar. Ebenso die systematische Verzahnung der Apotheken mit den Angeboten der Gesundheitshotline 1450. „Eine bundesweit einheitliche Systematik mit erweiterten Angeboten sehen wir als richtigen Schritt“, schreibt Mag.pharm. Dr. Ulrike Mursch-Edlmayr, Präsidentin der Österreichischen Apothekerkammer, auf PharmaNow-Anfrage.

Apotheken agieren als einzige bereits jetzt bundesweit koordiniert und können bei der Umsetzung jederzeit ihren Beitrag leisten. Entscheidend ist, dass die Entwicklung nicht bei telefonischen Angeboten stehen bleibt.
Mag.pharm. Dr. Ulrike Mursch-Edlmayr
Präsidentin der Österreichischen Apothekerkammer
So sollen Teleärzte und -ärztinnen via 1450 e-Rezepte ausstellen können. Synergien mit Apotheken im Bereich pharmazeutische Beratung und telemedizinische Fast-Lane sowie e-Rezepte via 1450 seien für die Apothekerkammerpräsidentin zu prüfen und zu nutzen.
„Apotheken agieren als einzige bereits jetzt bundesweit koordiniert und können bei der Umsetzung jederzeit ihren Beitrag leisten“, so Mursch-Edlmayr. „Entscheidend ist, dass die Entwicklung nicht bei telefonischen Angeboten stehen bleibt. Unsere Angebote gelten im Sinne der Grundversorgung für alle. Es gilt, zusammen mit anderen Gesundheitsakteuren digitale Lösungen zu etablieren, die der Patientenschaft zugutekommen.“
Ärzteschaft einbinden, ELGA anbinden
Dr. Harald Mayer, Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK) und Bundeskurienobmann der angestellten Ärzte (BKAÄ) begrüßt das politische Bekenntnis, die Gesundheitshotline 1450 nun bundesweit auf eine einheitliche Basis zu stellen. Mayer unterstreicht die zentrale Bedeutung von 1450 für eine effiziente Patientenlenkung und die Entlastung der Spitalsambulanzen.

Ohne uns Ärzte als Systempartner ist eine Umsetzung dieser Pläne nicht machbar.
Dr. Harald Mayer
Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK) und Bundeskurienobmann der angestellten Ärzte (BKAÄ)
„Ohne uns Ärzte als Systempartner ist eine Umsetzung dieser Pläne aber nicht machbar“, so Mayer. Damit das Vorhaben gelingt und möglichst rasch umgesetzt werden kann, müsse auch die elektronische Gesundheitsakte ELGA vollumfänglich eingebunden werden. So sollen die über 1450 erhobenen Daten sofort eingespielt und für die Weiterbehandlung verfügbar sein, um Zeit und bürokratischen Aufwand zu sparen.
Klare Kompetenzverteilung
Die Kammer für Ärztinnen und Ärzte in Wien betont zudem die Bedeutung ärztlicher Erfahrung und einer klaren Kompetenzverteilung.

Es braucht klare Kompetenzverteilung – ärztliche Entscheidungen müssen weiterhin von Ärztinnen und Ärzten getroffen werden.
Dr. Naghme Kamaleyan-Schmied
Vizepräsidentin der Kammer für Ärztinnen und Ärzte in Wien und Kurienobfrau der niedergelassenen Ärzte
So sei die Ausweitung der Hotline 1450 nur dann sinnvoll, wenn man sie in ein tragfähiges Gesamtkonzept einbettet und ärztliche Leistungen nicht ersetzt. „Es braucht klare Kompetenzverteilung – ärztliche Entscheidungen müssen weiterhin von Ärztinnen und Ärzten getroffen werden“, betont Dr. Naghme Kamaleyan-Schmied, Vizepräsidentin der Kammer für Ärztinnen und Ärzte in Wien sowie Kurienobfrau der niedergelassenen Ärzte.
Keine Parallelstrukturen schaffen
„Die Idee garantierter Arzttermine klingt auf den ersten Blick gut, doch die Frage bleibt: Wer trägt die Verantwortung für die Termingarantie?“, sagt OMR Dr. Johannes Steinhart, Präsident der Kammer für Ärztinnen und Ärzte in Wien und der Österreichischen Ärztekammer. Zudem gebe es in Wien mit dem Ärztefunkdienst bereits ein langjährig bewährtes System für medizinische Ersteinschätzung und Hausbesuche.
estehende Infrastruktur müsse man stärken statt duplizieren, um medizinische Ressourcen effizient einzusetzen. Denn, „wenn Termine innerhalb von zwei Wochen garantiert werden sollen, muss auch die Versorgung entsprechend breit aufgestellt sein“, so Kamaleyan-Schmied. Das bedeute unter anderem mehr Kassenplanstellen.
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