Start Wissenschaft Hilfe bei schweren Augenverletzungen

Hilfe bei schweren Augenverletzungen

Arzneimittel für neuartige Therapien oder Advanced Therapy Medicinal Products (ATMPs) versprechen völlig neue Behandlungsmöglichkeiten. Ein Beispiel ist Holoclar®, das bei Verbrennungen und Verätzungen des Auges eingesetzt wird.

ATMPs sind biologische Arzneimittel und werden in drei Gruppen unterteilt: Neben den bekannteren Gentherapeutika zählen auch Zelltherapeutika und biotechnologisch bearbeitete Gewebeprodukte dazu. Letztere enthalten oder bestehen jeweils aus biotechnologisch bearbeiteten Zellen oder Geweben, werden aber unterschiedlich eingesetzt: Zelltherapeutika dienen zur Behandlung, Diagnose oder Prävention von Krankheiten, biotechnologisch bearbeitete Gewebeprodukte hingegen zur Regeneration, Wiederherstellung oder zum Ersatz des menschlichen Gewebes.

Pionier Holoclar®

Ein ATMP-Pionier ist Holoclar® des italienischen Unternehmens Holostem. Es stellt ein biotechnologisch bearbeitetes Gewebeprodukt dar und wird zum Ersatz von geschädigter Hornhaut im Auge verwendet, z.B. nach Verätzungen oder Verbrennungen; es besteht aus den eigenen limbalen Zellen des Patienten.

Der Limbus ist die Übergangszone zwischen Hornhaut und Lederhaut des Augapfels; in ihm sind Stammzellen enthalten, die für die Erneuerung der Hornhaut verantwortlich sind. Ist ein Teil des Auges nach der Verletzung noch intakt, können Zellen aus dem Limbus des Auges entnommen und für die Therapie verwendet werden: Die transplantierten Zellen helfen, die Hornhaut zu ersetzen, gleichzeitig dienen die limbalen Zellen als „Reservoir“ für neue Zellen, da die Hornhaut ständig erneuert wird. Holoclar® wurde weltweit als erste Stammzelltherapie eines kommerziellen Unternehmens im Jahr 2015 zugelassen; im Februar 2024 wurde die Zulassung von „conditional“ auf „full“ erweitert1.

Wie funktioniert Holoclar®?

Die Darreichungsform von Holoclar® ist ein lebendes Gewebeäquivalent als transparentes rundes Patch. Nicht nur die Arzneiform liest sich spannend, der gesamte Ansatz der Therapie ist es. Vereinfacht erklärt und wie in der Abbildung gezeigt, wird aus dem Limbus des Auges eine Biopsie entnommen. Die erhaltenen Stammzellen werden prophylaktisch mit Antibiotika behandelt und im Labor vermehrt. Anschließend werden sie auf eine Fibrinmembran aufgetragen und im letzten Schritt die Zellschicht in das Auge transplantiert.

Bei 75% der Patienten verläuft die Transplantation erfolgreich (definiert als ein stabiles Hornhautepithel zwölf Monate nach der Transplantation). Für viele Patienten bedeutet das eine Verbesserung der Sehschärfe bzw. eine signifikante Verbesserung des allgemeinen Sehvermögens bei ansonsten gleichbleibendem Gesundheitszustand. Auch Symptome wie Schmerzen, Brennen und Lichtempfindlichkeit gingen zurück.

Nicht nur in dieser, sondern in vielen weiteren Indikationen bedeuten Arzneimittel für neuartige Therapien für Patienten neue Hoffnung: Sie können eine langhaltende therapeutische Wirkung bzw. einen Krankheitsstopp erzielen oder sogar die Chance auf vollständige Heilung des Patienten bieten – zum Teil bei nur einmaliger Anwendung. Erfreulich sind auch die Zukunftsaussichten für ATMPs selbst: Ende 2024 waren 19 in der EU zugelassen, davon 16 Gentherapeutika, ein Zelltherapeutikum und zwei biotechnologisch bearbeitete Gewebeprodukte2. 2025 bzw. 2026 ist für sechs weitere, die sich aktuell im Zulassungsverfahren befinden, eine Zulassung denkbar und diese Zahlen dürften in Zukunft stark steigen: Weltweit sind zahlreiche klinische Studien von ATMPs im Laufen.

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