Von der Allergietherapie zur Infektionsprophylaxe: Nasenspray mit dem Wirkstoff Azelastin verringerte in einer aktuellen klinischen Studie das Risiko für SARS-CoV-2-Infektionen um zwei Drittel. Die Ergebnisse eröffnen neue Perspektiven für die pharmazeutische Beratung in Hochinzidenzphasen und für Risikopatienten.
Ein in der Allergietherapie seit Jahrzehnten bewährter Wirkstoff könnte künftig auch in der Infektionsprophylaxe eine wichtige Rolle spielen: Azelastin-Nasenspray hat in einer klinischen Studie das Risiko für eine SARS-CoV-2-Infektion deutlich gesenkt. Die Ergebnisse der vom Universitätsklinikum des Saarlandes koordinierten Phase-II-Studie CONTAIN wurden Anfang September im Fachjournal „JAMA Internal Medicine“ veröffentlicht.
Prävention im Praxischeck: Studiendesign
Die randomisierte, doppelblinde und placebo-kontrollierte Untersuchung umfasste 450 gesunde Erwachsene zwischen 18 und 65 Jahren. Über 56 Tage applizierten die Probandinnen und Probanden dreimal täglich entweder einen Nasenspray mit 0,1% Azelastin oder ein Placebo. Eine engmaschige Testung mittels SARS-CoV-2-Antigen- und PCR-Tests stellte sicher, dass Infektionen zuverlässig erfasst wurden.
Deutlich weniger Corona-Infektionen unter Azelastin
Die Infektionsrate unterschied sich signifikant zwischen den Gruppen: „2,2 Prozent der Azelastin-Gruppe hat sich im Beobachtungszeitraum mit SARS-CoV-2 infiziert. In der Kontrollgruppe, die das Placebo erhielt, war der Anteil mit 6,7 Prozent infizierter Personen dreimal so hoch“, fasst Studienleiter Prof. Dr. Dr. Robert Bals das zentrale Ergebnis zusammen.
Darüber hinaus zeigte sich im Vergleich der Azelastin- zur Placebo-Gruppe:
- weniger symptomatische Verläufe (1,8% vs. 6,3%)
- Verlängerung der Zeit bis zur Infektion (31 vs. 19 Tage)
- geringere Zahl nachgewiesener Rhinovirus-Infektionen (1,8% vs. 6,3%)
Auch die Gesamtzahl aller laborbestätigten Atemwegsinfektionen war in der Azelastin-Gruppe niedriger.
Erste klinische Evidenz für präventiven Einsatz
Azelastin ist seit Langem als rezeptfreies Antihistaminikum gegen allergische Rhinitis etabliert. Die aktuelle Studie belegt erstmals eine präventive Wirkung gegen SARS-CoV-2 unter Alltagsbedingungen.

Insbesondere für Risikogruppen, in Hochinzidenzphasen oder bei bevorstehenden Reisen könnte das Nasenspray eine einfach zugängliche Ergänzung zu bestehenden Schutzmaßnahmen darstellen.
Prof. Dr. Dr. Robert Bals
Professor für Innere Medizin an der Universität des Saarlandes
Für die Praxis ergeben sich daraus praktische Hinweise: „Insbesondere für Risikogruppen, in Hochinzidenzphasen oder bei bevorstehenden Reisen könnte das Nasenspray eine einfach zugängliche Ergänzung zu bestehenden Schutzmaßnahmen darstellen“, so Robert Bals, Direktor der Klinik für Innere Medizin V am Universitätsklinikum und Professor für Innere Medizin an der Universität des Saarlandes.
Einfach verfügbare Option mit großem Potenzial
„Die Studienergebnisse bekräftigen die Notwendigkeit größerer, multizentrischer Studien, um den Einsatz von Azelastin-Nasenspray als ‚On-Demand‘-Prophylaxe weiter zu untersuchen und das Potenzial auch gegenüber anderen Atemwegserregern zu prüfen“, sagt Bals, der für Folgestudien großes Potenzial sieht.
Die CONTAIN-Studie liefert erste robuste klinische Evidenz dafür, dass Azelastin-Nasenspray das Risiko einer Corona-Infektion signifikant reduzieren kann. Angesichts der guten Verträglichkeit und breiten Verfügbarkeit eröffnet sich damit eine potenziell praxisnahe Option für die präventive Anwendung.
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