Weltweit wird bereits jede 6. bakterielle Infektion durch antibiotikaresistente Erreger ausgelöst und spricht auf gängige Wirkstoffe nicht mehr an. Ein aktueller WHO-Bericht warnt vor einer wachsenden Bedrohung für die moderne Medizin.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) warnt vor einem drastischen Anstieg der Antibiotikaresistenzen. Denn laut einem am 13. Oktober veröffentlichten Bericht zur Überwachung globaler Antibiotikaresistenzen war 2023 weltweit jede 6. bakterielle Infektion resistent gegen gängige Antibiotikabehandlungen.
Das Problem sei besonders in Ländern mit schwachem Gesundheitssystem verbreitet. 2021 sind nach WHO-Angaben weltweit 7,7 Mio. Menschen an einer bakteriellen Infektion gestorben. Rund 1,1 Mio. seien direkt auf Antibiotikaresistenzen zurückzuführen gewesen.
Gramnegative Erreger besonders problematisch
Erstmals legte die WHO in ihrem Bericht globale und regionale Schätzwerte für Resistenzen gegenüber 22 häufig verwendeten Antibiotika vor. Betrachtet wurden acht weit verbreitete Bakterien, die insbesondere Infektionen der Harnwege, des Magen-Darm-Trakts, der Blutbahn und Gonorrhoe hervorrufen. Datengrundlage waren über 23 Mio. Fälle aus mehr als 100 Ländern im Zeitraum 2016 bis 2023.
Besonders besorgniserregend sei der Anstieg resistenter gramnegativer Erreger. Laut WHO sind über 40% der Escherichia coli- und mehr als 55% der Klebsiella pneumoniae-Bakterien gegen Cephalosporine der dritten Generation resistent, das heißt gegen gängige Mittel der Erstbehandlung.
Globale Unterschiede & steigender Trend
Regional bestehen große Unterschiede: Laut WHO gehen in Südostasien und im östlichen Mittelmeerraum bereits fast ein Drittel der untersuchten Infektionen auf resistente Erreger zurück, gefolgt von Afrika (eine von fünf), etwa 10% sind es im europäischen Raum.
In ihrem Bericht untersuchte die WHO 93 verschiedene Kombinationen aus Bakterium und Antibiotikum. Demzufolge ist bei mehr als 40% davon die Resistenz zwischen 2018 und 2023 gestiegen. Je nach Kombination um fünf bis 15% pro Jahr.
„Antibiotikaresistenz ist weit verbreitet und bedroht die Zukunft der modernen Medizin“, warnt Yvan Hutin, Direktor der zuständigen WHO-Abteilung.
WHO ruft zu verantwortungsvollem Umgang auf
Die WHO appelliert sowohl an Regierungen als auch an die Bevölkerung. „Wir müssen Antibiotika verantwortungsvoll einsetzen und sicherstellen, dass alle Menschen Zugang zu den richtigen Medikamenten, zu qualitätsgesicherter Diagnostik und Impfstoffen haben“, betont WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus.
Auch Patientinnen und Patienten könnten zur Eindämmung beitragen, sagte WHO-Experte Hutin: „Wenn Sie mit Fieber zum Arzt gehen, sollten Sie nicht automatisch erwarten, ein Antibiotikum zu bekommen. Vertrauen Sie Ihrem Arzt. Wenn die Ursache eine Virusinfektion ist, ist es völlig richtig, dass Sie keine Antibiotika bekommen.“
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