Eine im „BMJ Nutrition, Prevention & Health“ erschienene Studie über die gewichtsreduzierende Wirkung von Apfelessig wurde nach Kritik an Datengrundlage und Methodik zurückgezogen. Experten raten zur Vorsicht bei Ernährungstrends aus sozialen Medien.
Mittel, die einfachen Gewichtsverlust versprechen, sind beliebt. Dazu zählt auch Apfelessig. Im März 2024 veröffentlichte das Fachjournal „BMJ Nutrition, Prevention & Health“ eine Studie, wonach Apfelessig beim Abnehmen helfen könnte.
Die Veröffentlichung sorgte international für Aufmerksamkeit – nicht zuletzt durch die starke Verbreitung in sozialen Netzwerken. Nun hat das British Medical Journal (BMJ) die Arbeit wegen zahlreicher Fehler zurückgezogen.
Zweifel an Datengrundlage und Studiendesign
Die Studie hatte 120 Patientinnen und Patienten über drei Monate begleitet, die entweder Apfelessig oder ein Placebo einnahmen. Bereits kurz nach der Publikation gingen beim British Medical Journal Hinweise auf gravierende Schwächen ein. Die Kritikpunkte:
- fehlende prospektive Studienregistrierung,
- unplausible Datensätze,
- methodische Mängel in der statistischen Analyse und
- nicht replizierbare Ergebnisse.
Diese Faktoren wurden als Verstoß gegen die Publikationsrichtlinien der BMJ-Gruppe gewertet.
Autoren räumen „ehrliche Fehler“ ein
Die Studienautorinnen und -autoren stimmten dem Rückzug zu und sprachen von „ehrlichen Fehlern“. Eine interne Untersuchung ergab unter anderem, dass die Zuteilung in Behandlungs- und Kontrollgruppe nicht zufällig erfolgt war – ein zentrales Kriterium für randomisierte kontrollierte Studien.
Auch eine unabhängige Replikationsstudie, die von der BMJ-Gruppe initiiert wurde, konnte die ursprünglichen Resultate nicht bestätigen.
Dr. Helen Macdonald, Redakteurin für Publikationsethik und Inhaltsintegrität bei der BMJ Group, sagte in einer Mitteilung der Zeitschriftengruppe Ende September: „So verlockend es auch sein mag, Leser auf ein vermeintlich einfaches und scheinbar hilfreiches Mittel zur Gewichtsabnahme aufmerksam zu machen, sind die Ergebnisse der Studie derzeit unzuverlässig, und Journalisten und andere sollten in zukünftigen Berichten nicht mehr auf die Ergebnisse dieser Studie verweisen oder sie verwenden.“
Warnung vor Influencer-Mythen
Die Studie wurde unter anderem von der französischen Influencerin Jessie Inchauspé verbreitet, die auf Instagram unter dem Namen „Glucose Goddess“ (Glukosegöttin) mehr als fünf Millionen Follower hat.
Expertinnen wie die australische Ernährungswissenschafterin Rosemary Stanton warnten in diesem Zusammenhang vor überzogenen Heilsversprechen.
Auch die Faktencheck-Expertinnen und -Experten von Medizin Transparent (ein Projekt von Cochrane Österreich an der Donau-Universität Krems) kommen zum Schluss, dass wissenschaftliche Belege für eine gewichtsreduzierende Wirkung von Apfelessig fehlen.