Start Wissenschaft Medizin Brucellose: Rohmilchprodukte auf Reisen

Brucellose: Rohmilchprodukte auf Reisen

Fieber, Hüftschmerzen, Auslandsreise: Was auf den ersten Blick harmlos klingt, entpuppte sich im Wiener Klinikalltag als seltener Fall von Brucellose. Auch wenn die Infektion in Österreich kaum vorkommt, sollten Apotheken bei unspezifischen Symptomen und der Reiseanamnese genau hinsehen.

von Annmarie Bertl

Die Brucellose wird durch Bakterien der Gattung Brucella ausgelöst. Hauptsächlich betroffen sind Nutztiere wie Schafe, Ziegen oder Rinder. Beim Menschen erfolgt die Ansteckung in der Regel durch den Verzehr nicht pasteurisierter Milchprodukte oder durch engen Kontakt mit infizierten Tieren.

Dr. Nicole Harrison - klinische Infektiologin an der MedUni Wien
© feelimage / Matern

Brucellosen sind meist importiert, etwa nach einem Auslandsaufenthalt in den Wochen oder bis zu zwei Monaten zuvor.

Dr. Nicole Harrison
klinische Infektiologin an der MedUni Wien

Laut Dr. Nicole Harrison, klinische Infektiologin an der MedUni Wien, ist die Erkrankung in Österreich zwar sehr selten, aber nicht ausgeschlossen: „Es handelt sich um weniger als einen Fall im Jahr an unserem Institut.“ Brucellosen seien zudem meist importiert, etwa nach einem Auslandsaufenthalt in den Wochen oder bis zu zwei Monaten zuvor.

Dr. Nicolas Königsreuther, Assistenzarzt im Wiener St. Anna Kinderspital, erinnert sich an den ersten Fall auf seiner Station: „Ein 14-jähriges Mädchen kam mit starken Schmerzen in der linken Hüfte zu uns. MRT und Labor zeigten eine Entzündung im Beckenbereich. Der Nachweis der Brucellose kam erst später durch Serologie und Blutkultur.“ Die Patientin war wenige Monate zuvor aus Syrien nach Österreich gekommen, einem Land mit hoher Brucellose-Prävalenz.

Diagnose und Therapie

„Die Symptome waren sehr unspezifisch, es war also ein Überraschungsbefund. Wir dachten auch an chronisch-entzündliche Darmerkrankungen“, so Königsreuther. Erst der Labornachweis brachte Klarheit. Die Therapie erfolgte mit einer Dreifach-Antibiotikakombination aus Doxycyclin, Rifampicin und Gentamicin. Aufgrund einer Rifampicin-Resistenz musste später umgestellt werden. „Die Behandlung dauert meist rund sechs Wochen“, fügt Königsreuther hinzu.

Dr. Harrison zu den laborlichen Untersuchungen: „Goldstandard ist der direkte Erregernachweis aus der Blutkultur oder aus Gewebeproben. Die Blutkultur wird in einem speziellen System bebrütet. Anschließend erfolgt die Identifikation mittels Bakterienkultur und Maldi-TOF. Zusätzlich stehen auch PCR-Tests zur Verfügung, die aus Blut oder Gewebe den Erreger nachweisen können.“

Langzeitfolgen

Laut Harrison stehe im Frühstadium der Erregernachweis aus dem Blut im Vordergrund, bei den selten aufkommenden chronischen Verläufen müsse hingegen je nach Fokus eine Gewebeprobe entnommen und etwa per PCR analysiert werden.

Unbehandelt oder zu kurz behandelt, kann der Verlauf chronisch werden. Typische Beschwerden wie Fieberschübe, Nachtschweiß oder Gelenkschmerzen können dann wiederholt auftreten. „Deshalb ist eine ausreichend lange Antibiotikatherapie entscheidend, um Rückfälle zu vermeiden“, so Königsreuther

Beratung

Laut Königsreuther könnten Fragen nach Herkunft oder vorherigem Aufenthalt, der Konsum nicht pasteurisierter Milchprodukte sowie passenden Symptomen wichtige Hinweise liefern. Dr. Harrison weist außerdem darauf hin, dass bei Verdacht unbedingt an eine Spezialambulanz verwiesen werden sollte.

Der Fall in Wien zeigt: Auch seltene Erkrankungen wie Brucellose können mitten im österreichischen Klinikalltag auftreten und erinnern daran, dass selbst seltene Diagnosen manchmal näher sind, als man denkt.


Logo Hochschule Ansbach
Dieser Artikel ist Teil einer Serie, die von Studierenden der Hochschule Ansbach für PharmaTime produziert wurde. Die Autorinnen und Autoren besuchen derzeit das Bachelorstudium Ressortjournalismus. Die Lehrredaktion leitete Journalismustrainer Markus Feigl aus St. Pölten.

Neue Artikel

Möglicher Biomarker für Long Covid identifiziert

Forschende der MedUni Wien zeigen in einer aktuellen Studie, dass das Akute-Phase-Protein Pentraxin 3 (PTX-3) auch Monate nach schwerer...

Wenig Neues im neuen Impfplan für Österreich 2025/2026

Am 1. Oktober veröffentlichte das Gesundheitsministerium den aktualisierten österreichische Impfplan. Großartige Änderungen gab es nicht, aber einige Anpassungen und...

Bei Prädiabetes Blutzuckerspiegel wichtiger als Körpergewicht

Eine soeben veröffentlichte Langzeitstudie zeigt: Menschen mit Prädiabetes senken ihr Risiko für Typ-2-Diabetes deutlich, wenn sie ihren Blutzuckerspiegel normalisieren...

COVID-19-Pandemie beschleunigte Hirnalterung

Die COVID-19-Pandemie führte zu messbar beschleunigter Hirnalterung bei gesunden Erwachsenen – unabhängig von einer SARS-CoV-2-Infektion. Bei COVID-19-Erkrankten war zudem...

 Weitere Artikel

Möglicher Biomarker für Long Covid identifiziert

Forschende der MedUni Wien zeigen in einer aktuellen Studie, dass das Akute-Phase-Protein Pentraxin 3 (PTX-3) auch Monate nach schwerer...

Wenig Neues im neuen Impfplan für Österreich 2025/2026

Am 1. Oktober veröffentlichte das Gesundheitsministerium den aktualisierten österreichische Impfplan. Großartige Änderungen gab es nicht, aber einige Anpassungen und...

Bei Prädiabetes Blutzuckerspiegel wichtiger als Körpergewicht

Eine soeben veröffentlichte Langzeitstudie zeigt: Menschen mit Prädiabetes senken ihr Risiko für Typ-2-Diabetes deutlich, wenn sie ihren Blutzuckerspiegel normalisieren...
Consent Management Platform von Real Cookie Banner