Grazer Forschende identifizierten ein Enzym, das der Tuberkulose-Erreger für seinen Fettstoffwechsel benötigt – und fanden gleichzeitig einen potenziellen Hemmstoff. Bei steigenden Antibiotikaresistenzen sind neue Therapiezugänge auch dringend nötig.
Tuberkulose (Tbc, Schwindsucht) ist jene Infektionskrankheit, die am häufigsten tödlich verläuft. Millionen Menschen weltweit tragen Mycobacterium tuberculosis, den Erreger der Tuberkulose, in sich – oft über Jahre hinweg unbemerkt. Die Bakterien befinden sich dann in einem latenten Zustand, versteckt in sogenannten Granulomen, wo sie vom Immunsystem zwar eingeschlossen, aber nicht abgetötet werden.
Genau hier setzt eine neue Entdeckung aus Graz an: Ein interdisziplinäres Forschungsteam rund um Molekularbiologin Lina Riegler-Berket vom Institut für Molekulare Biowissenschaften der Universität Graz konnte ein Enzym identifizieren, das die Bakterien für ihren Fettstoffwechsel in der genannten Ruhephase benötigen. Die zugrunde liegende Studie wurde Mitte September im Fachjournal „Disease and Therapeutics“ veröffentlicht.
Wirkstoffkandidat blockiert Schlüsselenzym
Mithilfe von KI-gestützter Proteomanalyse wurde nicht nur die Zielstruktur, sondern auch ein Wirkstoffkandidat entdeckt. Dieser Hemmstoff bindet spezifisch an das bakterielle Enzym.
„Dieser kleine Schritt stört in Folge den gesamten Fettstoffwechsel des Bakteriums und vermindert damit seine Überlebensfähigkeit“, erklärt Riegler-Berket. Besonders bemerkenswert ist, dass dieses Enzym nur beim Bakterium aktiv ist, nicht jedoch beim Menschen. Daher sind unerwünschte Nebenwirkungen unwahrscheinlich.
Relevanz vor dem Hintergrund zunehmender Resistenzen
2024 wurden in Österreich 390 Fälle von Tuberkulose ins Epidemiologische Meldesystem (EMS) gemeldet, 25 Personen sind daran verstorben.

Angesichts der besorgniserregenden Zunahme von Antibiotikaresistenzen bei Tuberkulose gewinnen die Grazer Forschungsergebnisse nochmal an Bedeutung.
Denn jüngste Forschungsdaten aus der Republik Moldau zeigen ein dramatisches Bild, wie das Deutsche Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) kürzlich berichtete: Bei rund 40% der Tuberkulose-Patientinnen und -Patienten, bei denen eine Therapie fehlschlug, entwickelten die Bakterien neue Resistenzen. Insbesondere gegen WHO-Schlüsselmedikamente wie z.B. Fluorchinolone (75%), Bedaquilin (40%) und Linezolid (38%).
Diese extensiv resistente Tuberkulose (XDR-TB) bedroht die derzeit verfügbaren Therapieoptionen. Vor diesem Hintergrund bieten daher die Grazer Forschungsergebnisse Aussicht auf eine dringend benötigte Alternative.
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