Das Ergebnis einer aktuellen Studie kann die Beratung von Migränepatienten in der Apotheke bereichern: Demnach könnte regelmäßiges Wechselatmungstraining zu selteneren Migräneanfällen führen.
Etwa zehn bis 15% der Bevölkerung sind von Migräne betroffen, Frauen deutlich häufiger als Männer. Migräne ist eine neurologische Erkrankung, die sich durch wiederkehrende, meist einseitig auftretende, Kopfschmerzen äußert. Eine einzelne Migräneattacke kann zwischen vier bis 72 Stunden dauern und durch typische Begleitsymptome wie erhöhte Licht- und Lärmempfindlichkeit, Übelkeit und Erbrechen zusätzlich erschwert werden. Besonders bei schweren Verläufen sind viele Patientinnen und Patienten während eines Migräneanfalls in ihrem Alltag stark eingeschränkt.
Migränebehandlung: Atemtechnik als Alternative
Mittlerweile gibt es medikamentöse Therapien, die vielen Patienten helfen. Diese haben jedoch auch Einschränkungen wie Nebenwirkungen und Kontraindikationen. Manche Patienten können mit der Zeit auch eine Toleranz entwickeln. All das kann alternative Behandlungsstrategien notwendig machen.
Eine solche Alternative untersuchten kürzlich türkische Forschende. Die Ergebnisse können die Beratung von Migränepatienten in der Apotheke bereichern: Die Studie zeigte, dass regelmäßiges Wechselatmungstraining die Häufigkeit von Migräneanfällen und die damit einhergehende Beeinträchtigung signifikant verringern kann. Diese Atemtechnik hat ihren Ursprung in Yoga- und Meditationstechniken, dabei wird in einem bestimmten Rhythmus abwechselnd durch das rechte bzw. linke Nasenloch ein- und ausgeatmet.
Weniger Migräneanfälle, weniger Beeinträchtigung
In einem offenen, 2-armigen, randomisierten Kontrollgruppendesign teilten die Forschenden 86 Migränepatienten je zur Hälfte in eine Interventions- und eine Kontrollgruppe ein. Die Migränediagnose erfolgte nach ICD-10-Kriterien. Die Teilnehmenden im Alter von 18 bis 50 Jahren wurden an sechs Familiengesundheitszentren der Dokuz Eylül Universität in Izmir (Türkei) untersucht.
Die Interventionsgruppe praktizierte drei Monate lang drei Mal täglich ein Wechselatmungstraining, während die Kontrollgruppe ihre übliche Behandlung fortsetzte.
In der Interventionsgruppe war die Häufigkeit von Migräneanfällen im Vergleich zur Kontrollgruppe signifikant verringert. Auch der MIDAS-Score (Migraine Disability Assessment Scale), der die durch Migräne bedingte Beeinträchtigung im Alltag misst, war in der Interventionsgruppe reduziert. Die Schwere der Anfälle verringerte sich in beiden Gruppen, hier war kein signifikanter Unterschied zwischen den Gruppen messbar.
Bessere Sauerstoffversorgung
Seit Ende der 1990-er Jahre werden hyperbare und High-Flow-Sauerstofftherapien zur Migränebehandlung erforscht. Es gibt Hinweise darauf, dass diese zur Linderung von Migränekopfschmerzen beitragen könnten. Allerdings ist dafür entsprechendes Equipment bzw. eine ärztliche Begleitung notwendig. Atmungstechniken aus der Mediations- und Yogapraxis zeigten ähnliche Effekte. Unter anderem fand 2017 eine Studie heraus, dass diese die arterielle Sauerstoffversorgung erhöhen und das parasympathische System aktivieren können.
„Wechselatmung reduzierte die Migränehäufigkeit und -behinderung signifikant und ist damit eine vielversprechende nicht-invasive und leicht zugängliche Behandlungsoption für das Migräne-Management“, fassen Oğulcan Çöme und Kollegen die Ergebnisse zusammen. Weitere Studien mit längeren Nachbeobachtungszeiträumen seinen nun nötig, um Langzeiteffekte zu bestätigen und die Anwendbarkeit in breiteren Patientengruppen zu bewerten.
Tipp für die Beratung
Die Initiative Schmerz e.V. ist ein gemeinnütziger Verein mit dem Ziel, Patientenwege zu optimieren und die Selbstwirksamkeit von Schmerzpatienten zu fördern. Die Website bietet u.a. schmerzspezifische Anlaufstellen mit wichtigen Adressen für kassenfinanzierte Psychotherapie oder auf Schmerzen spezialisierte Hausärztinnen und Hausärzte. Außerdem einen Schmerzfragebogen, der Patienten helfen kann, ihre Krankengeschichte für den Arztbesuch vorzubereiten und zu strukturieren.
Das könnte Sie auch interessieren:
In der aktuellen PharmaTime-Ausgabe 7-8/2025 stellt Mag.pharm. Juliane Schögl in der Rubrik „Arzneimittelkompass“ die erste orale CGRP-Option zur Migräneprophylaxe und -behandlung vor. Abo- und Bestellmöglichkeiten
Originalpublikation:
Çöme O et al. The impact of alternate nostril breathing on the severity and frequency of migraine attacks: a randomized control trial. Primary Health Care Research & Development 26(e12):1–7.