Rund 30 Prozent der Diabeteserkrankungen in Österreich bleiben unentdeckt – Apotheken könnten durch gezielte Beratung und HbA1c-Messungen eine zentrale Rolle bei der Früherkennung spielen.
Etwa zehn Prozent der Bevölkerung in Österreich sind laut Schätzungen der Österreichischen Diabetes Gesellschaft (ÖDG) von Diabetes mellitus betroffen. Doch rund ein Drittel – das entspricht rund 800.000 Menschen – weiß nichts von ihrer Erkrankung. Gerade vor dem Hintergrund des Weltdiabetestags am 14. November rückt die Diskussion über effektive Präventions- und Diagnosewege in den Fokus. Eine oft unterschätzte Rolle dabei könnten Apotheken übernehmen.
Früherkennung durch Apotheken stärken
Derzeit wird der sogenannte HbA1c-Wert – der Langzeitblutzucker – hauptsächlich im Rahmen ärztlicher Untersuchungen erhoben. Auch Apotheken könnten hier eine ergänzende Anlaufstelle für die Früherkennung sein. Sie sind niederschwellig erreichbar, genießen hohes Vertrauen in der Bevölkerung und beraten bereits heute viele Menschen mit Risikofaktoren – etwa bei Übergewicht, familiärer Vorbelastung oder im hohen Alter.
Gezielte Beratung und HbA1c-Messungen in Apotheken könnten helfen, bislang unerkannte Fälle frühzeitig zu identifizieren und betroffene Personen zeitnah an Ärztinnen und Ärzte zu verweisen. Insbesondere bei Personen über 40 oder mit Prädiabetes wäre dies ein niederschwelliger und wirksamer Zugang zur Gesundheitsversorgung.
Sparstift bei HbA1c-Messungen
ÖDG-Präsident Peter Fasching plädiert für die routinemäßige Bestimmung des HbA1c-Werts, etwa im Rahmen von Gesundenuntersuchungen oder Spitalsaufnahmen. Daten aus oberösterreichischen Krankenhäusern zeigen, dass über 50 Prozent der aufgenommenen Patientinnen und Patienten im Rahmen eines Screenings eine Störung des Glukosestoffwechsels (Diabetes oder Prädiabetes) aufwiesen.
Fasching kritisiert, dass häufig „der Sparstift angesetzt“ werde, wodurch wichtige Messungen wie der HbA1c-Wert nicht erhoben würden. Apotheken könnten diese Lücke schließen, wenn entsprechende Rahmenbedingungen – etwa zur Vergütung und Qualitätssicherung – geschaffen würden. Aktuelle Projekte, wie etwa die Blutzucker-Messaktion in steirischen Apotheken oder auch die Studie zu Point-of-Care-Testungen in Wiener Apotheken zeigen, welches Potenzial hier für die Entdeckung von Diabetes spielen kann.
Moderne Therapieoptionen verfügbar
Die heutige Diabetestherapie hat große Fortschritte gemacht. Medikamente wie SGLT2-Hemmer oder Incretinmimetika ermöglichen Patientinnen und Patienten ein Leben mit weniger Einschränkungen. Auch Technologien wie kontinuierliche Glukosemessung oder Automated Insulin Delivery (AID)-Systeme verbessern die Lebensqualität spürbar. Doch die Früherkennung bleibt das zentrale Problem – und hier könnten Apotheken als Präventionspartner viel bewegen.
Arbeitswelt im Fokus des Weltdiabetestags
Der diesjährige Weltdiabetestag am 14. November steht unter dem Motto „Diabetes und Arbeitswelt“. Laut ÖDG befinden sich sieben von zehn Menschen mit Diabetes im erwerbsfähigen Alter. Sie kämpfen häufig mit Diskriminierung, mangelnder Rücksichtnahme und psychischen Belastungen am Arbeitsplatz. Flexible Pausen und Privatsphäre für die Insulingabe seien notwendig, so ÖDG-Sekretärin Gersina Rega-Kaun.
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