Ein Trend auf TikTok verspricht Linderung bei Migräne-Kopfschmerzen: Haarklammern an den Augenbrauen. Der Hintergrund ist zwar nicht völlig abwegig, als Therapieersatz sollte der Trick trotzdem nicht dienen.
Migräne-Hack aus dem Netz
Auf der Social-Media-Plattform TikTok zeigen zahlreiche Nutzerinnen, wie sie sich Haarclips an die Augenbrauen klemmen, in der Hoffnung, damit Migräneschmerzen zu lindern. In den Videos berichten Betroffene teils euphorisch von positiven Effekten. Erklärt wird das mit einer Reizung des Trigeminusnervs, der als zentraler Schmerzleiter im Kopfbereich gilt.
Die Clips gehen viral, erreichen Millionen Klicks und könnten auch in der Apotheken-Beratung für Gesprächsstoff sorgen.
Was steckt hinter dem Haarklammer-Trick?
„Auf den ersten Blick sieht das martialisch aus. Auf den zweiten Blick muss ich als Neurologe sagen: Das ist gar nicht so abwegig“, sagt Neurologe Dr. Reto Agosti vom Kopfwehzentrum Hirslanden Zürich im SWR3-Interview. Dennoch warnt er vor möglicher Nervenreizung und rät zu professioneller Beratung.
Prof. Dr. Christian Maihöfner, Sprecher der Kommission Schmerz in der Deutschen Gesellschaft für Neurologie, erklärt dazu gegenüber der Deutschen Apotheker Zeitung: „Die Stimulation trigeminaler Nervenäste, insbesondere der Äste des Nervus trigeminus, kann die Verarbeitung von Schmerzreizen im Kopfbereich modulieren.“
Diese Mechanismen seien wichtig, da Migräne oft mit einer Überempfindlichkeit im trigeminalen System einhergehe, so der Experte. „Insofern sind Effekte auf die Migräneentwicklung und -wahrnehmung theoretisch denkbar, insbesondere durch Techniken, die die Stimulation dieses Systems gezielt ansprechen.“ Der Einsatz von Haarclips sei jedoch wissenschaftlich nicht untersucht.
Risiken und Grenzen der Methode
Zwar ist die Anwendung der Haarklammern meist harmlos, doch sie können Hautreizungen oder Druckstellen verursachen.
Problematisch wird es dann, wenn der Haarclip-Trick als „Therapie“ gesehen wird und die Betroffenen deshalb belegte bzw. leitliniengerechte Behandlungen hinauszögern oder ganz ersetzen. Hier besteht die Gefahr, dass die Migräneschmerzen chronisch werden.
Bewährte Behandlungsmöglichkeiten in der Apotheke
Eine Migränebehandlung zielt darauf ab, akute Anfälle zu lindern und zukünftige Attacken zu verhindern. Bei einer leichten bis mittelschweren Migräne können die Wirkstoffe Ibuprofen, Acetylsalicylsäure und Paracetamol eingesetzt werden.
Im Falle einer mittelschweren bis schweren Migräne stehen Triptane bereit. Seit Kurzem gibt es auch ein neues Migränemedikament mit dem Wirkstoff Rimegepant für die Akuttherapie der Migräne und zur präventiven Therapie episodischer Migräne (mehr dazu finden Sie in PharmaTime Ausgabe 7–8/2025, Rubrik „Arzneimittelkompass“).
Häufige oder schwere Attacken sollte man unbedingt ärztlich abklären lassen.
Zuhören, Einordnen, Aufklären
Der Trend zeigt: Betroffene suchen niedrigschwellig Orientierung. Wenn Kundinnen und Kunden das Apothekenteam auf den Haarklammer-Trick ansprechen, gilt es zuzuhören und sachlich zu informieren. Der TikTok-Trick mit Haarclips kann als Ausdruck von Leidensdruck und Experimentierfreude verstanden werden, insofern ist er durchaus ernst zu nehmen. Ein evidenzbasiertes Therapiekonzept ist er nicht.