Start Wissenschaft Analyse: Magersucht bei männlichen Influencern

Analyse: Magersucht bei männlichen Influencern

Bei Frauen wurde es bereits auf Social Media beobachtet. Jetzt zeigt eine Analyse von Instagram- und TikTok-Inhalten: Fast 60% der untersuchten männlichen Content-Kreatoren zeigen Auffälligkeiten im Ess- und Bewegungsverhalten. Die Autoren fordern eine frühzeitige Aufklärung junger Männer.

Erhöhtes Risiko bei muskulären Influencern

Essstörungen werden meist mit Frauen und dem Wunsch nach Schlankheit assoziiert. Eine aktuelle Untersuchung des Kompetenzzentrums für Ernährung & Therapie (NuT) der Fachhochschule Münster (D) stellt dieses Bild jedoch infrage. Die Studie wurde Anfang September im Fachmagazin „Journal of Eating Disorders“ veröffentlicht.

Für die Stichprobe, wählten die Forschenden 26 männliche Content-Kreatoren auf Instagram und TikTok aus, die sich durch athletisch-muskulöse Körperform auszeichneten.

Die Analyse zeigte, dass knapp jeder Vierte die Diagnosekriterien für Anorexia nervosa (Magersucht) erfüllte. Bei geschlechtsspezifisch adaptierten Kriterien sogar knapp 60%.

Magersüchtige Männer nicht so leicht erkennbar

Typisch für Anorexie ist zum Beispiel übertriebener Sport, ein extrem eingeschränktes, strenges Essverhalten und ein ausgeprägtes Unwohlfühlen im eigenen Körper. „Bei Männern zeigt sich anorektisches Verhalten deutlich unauffälliger als bei Frauen“, erklärt Ernährungswissenschafter Prof. Dr. Tobias Fischer, einer der Leitenden des NuT. 

Frauen sei eine Magersucht normalerweise durch ihre abgemagerte Erscheinung anzusehen. Bei Männern hingegen könne sich diese Essstörung auch hinter einem schlanken, offenbar muskulösen Körperbau mit wenig Körperfett verstecken.

Rund 3.000 Instagram- und TikTok-Beiträge analysiert

Das Forschungsteam analysierte über einen Zeitraum von vier Wochen fast 3.000 Beiträge der Influencer. 69% davon bezogen sich auf Ernährung, Sport bzw. körperbezogene Themen.

Besonders auffällig: Viele Inhalte zeigten restriktive Ernährungsweisen, exzessives Training sowie eine intensive Selbstinszenierung des Körpers. 61% der Beiträge stellten den Körper gezielt dar, häufig mit freiem Oberkörper oder fokussiert auf bestimmte Muskelpartien.

Diagnostische Lücken bei Männern

Die Diagnosekriterien orientieren sich bislang vor allem am weiblichen Erscheinungsbild der Magersucht. Die Studie zeigt, dass Männer mit hoher Muskelmasse und geringem Körperfettanteil trotz auffälliger Verhaltensweisen häufig nicht erfasst werden. 

„Das Streben nach Muskulosität ist ein zentrales Motiv männlicher Betroffener – nicht Gewichtsverlust im klassischen Sinne“, so die Forschenden. Social Media spielt dabei eine zentrale Rolle: Die Inszenierung von Körperidealen könne zu einer Normalisierung problematischer Verhaltensweisen führen.

Frühe Aufklärung als Prävention

Übermäßiger Sport wird – insbesondere bei männlichen Magersucht-Betroffenen – vielfach positiv bewertet und deshalb als Symptom von Essstörungen oft unterschätzt und bagatellisiert.

Die Studienautoren fordern daher, männliche Kinder und Jugendliche frühzeitig aufzuklären, um kritische Verhaltensmuster und utopische Schönheitsideale zu vermeiden und das Risiko für gestörtes Essverhalten zu reduzieren. 

Servicelink: sowhat – Kompetenzzentrum für Menschen mit Essstörungen

Originalpublikation:

Schmitt A et al. Tendencies of eating disordered behaviours in male content creators: a social media analysis. J Eat Disord 2025 Sep 9;13(1):201.

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