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Neue Alzheimer-Therapie fordert Gesundheitssystem

Antikörper-Therapien wie Lecanemab verzögern das Fortschreiten der Alzheimer-Krankheit, erfordern aber aufwändige Diagnostik, hohe Personalressourcen und regelmäßige MRT-Kontrollen. Und: Die Therapie ist nur für einen Teil der Betroffenen geeignet. 

Am 21. September ist Welt-Alzheimertag. Mit den monoklonalen Antikörpern Lecanemab und Donanemab stehen nun erstmals Medikamente zur Verfügung, die das Fortschreiten einer milden Alzheimer-Demenz messbar verlangsamen können. Studien zeigen, dass diese Therapien das Voranschreiten der Erkrankung um rund 27% reduzieren können – mit Aussicht auf stärkere Effekte bei längerer Anwendung.

Lecanemab seit Ende August in Österreich im Einsatz

In Österreich wurde der Wirkstoff Lecanemab am 28. August erstmals im Wiener AKH an zwei Personen eingesetzt, wie derstandard.at berichtete. Neben Großbritannien war Österreich damit das erste Land in Europa, in dem Patientinnen und Patienten diese Therapie erhielten. Seit 1. September ist Lecanemab auch in Deutschland erhältlich.

Allerdings geht mit dieser Innovation laut deutschen Berechnungen ein erheblicher Mehraufwand für das Gesundheitssystem einher, wie die APA berichtete. 

Frühe Diagnose nötig, Kontraindikationen relevant 

Bevor eine Therapie begonnen werden kann, ist eine Frühdiagnose notwendig. Infrage kommen laut Schätzungen in Österreich etwa 50.000 Personen mit milder Alzheimer-Demenz und weitere 200.000 mit leichter kognitiver Beeinträchtigung. Von diesen könnten nach Ausschlussverfahren – etwa aufgrund von Kontraindikationen – schätzungsweise 5-20% behandelt werden.

Zu diesen Gegenanzeigen zählt etwa die Einnahme von Blutverdünnern. Der Nachweis einer Alzheimer-Erkrankung erfolgt durch standardisierte diagnostische Verfahren sowie einer Lumbalpunktion (Entnahme von Rückenmarkflüssigkeit). Zusätzlich ist ein Bluttest zur Bestimmung des ApoE4-Gens erforderlich. Liegt dieses vor, stellt das eine weitere Kontraindikation für die Behandlung mit Lecanemab dar.

Infusionen und MRT-Kontrollen

Die Therapie selbst ist komplex, zeit- und ressourcenaufwändig: Infusionen alle zwei Wochen über bis zu 18 Monate, begleitet von regelmäßigen Kontrollen mittels Magnetresonanz-Tomografie (MRT). Letztere erfolgt, um mögliche Nebenwirkungen wie Hirnschwellungen oder Ödeme frühzeitig zu erkennen.

Eine Umfrage unter neurologischen Abteilungen in Österreich – 2023 durchgeführt und kürzlich veröffentlicht – zeigte jedoch deutliche Ressourcenengpässe, etwa beim ärztlichen Personal und bei MRT-Kapazitäten.

Erste Anlaufstelle ist der Hausarzt

Das Zentralinstitut für kassenärztliche Versorgung in Deutschland hat Modellrechnungen durchgeführt, wonach der zusätzliche Aufwand für Diagnostik, Beratung, Infusionen und Bildgebung erheblich sei. In Österreich dürfte diese Problematik insbesondere die Krankenhäuser mit ihren psychiatrischen Abteilungen betreffen.

Assoc.Prof. Priv.-Doz. Dr. Elisabeth Stögmann, Neurologin an der MedUni Wien und Leiterin der Ambulanz für Gedächtnisstörungen und Demenzerkrankungen am Wiener AKH, betont deshalb gegenüber derstandard.at: „Wichtig ist, dass, wenn Personen bei sich Symptome von Alzheimer vermuten, damit als Erstes zum Hausarzt gehen – und nicht in Spezialambulanzen oder ins AKH“. Ansonsten würden diese Einrichtungen mit Anfragen überflutet werden und die wirklich infrage kommenden Patienten würden vielleicht zu spät eine Therapie erhalten. 

Neue Bluttests könnten bald Diagnostik erleichtern

Parallel zur Diskussion über den Versorgungsaufwand gibt es auch Fortschritte in der Diagnostik: Erstmals hat die Alzheimer’s Association evidenzbasierte Leitlinien zum Einsatz von Blut-Biomarkern veröffentlicht. Diese Tests könnten in Zukunft die bisher aufwändigen Liquoruntersuchungen oder Amyloid-PET (Positronenemissionstomographie) ergänzen oder teilweise ersetzen. 

Die Leitlinie betont jedoch, dass BBM-Tests ausschließlich im Rahmen einer vollständigen klinischen Abklärung in spezialisierten Zentren eingesetzt werden dürfen.

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