Start Wissenschaft Eine evolution: Diabetes Typ 1 ohne Insulintherapie

Eine [R]evolution: Diabetes Typ 1 ohne Insulintherapie

In Österreich sind circa 30.000 Personen von Diabetes Typ 1 betroffen. Diese Patientinnen und Patienten galten bisher als lebenslang insulinpflichtig. Dank neuer Therapieansätze könnte sich das bald in Zukunft ändern: Mit der ersten autologen Therapie am Menschen wurde vor Kurzem ein Durchbruch beschrieben.

In einer groß angelegten Studie der Österreichischen Diabetesgesellschaft (ÖDG) wurde bei 10% der Bevölkerung ein Diabetes Typ 2 festgestellt, bei 20% eine Vorstufe dazu1. Von Diabetes Typ 1 sind in Österreich circa 30.000 Personen betroffen2. Bei Typ 2 kommt eine Insulintherapie fallweise, bei Diabetes Typ 1 – bisher – immer zum Einsatz.

Innovative Therapieansätze

Zusätzlich zu Entwicklungen moderner Insuline stehen Inselzelltransplantationen, pluripotente Stammzellen und Organoide im Fokus der Forschung. Dabei gelten „Islet Organoide“ aus patienteneigenen Stammzellen als besonders vielversprechend.

Drei interessante Studien, die auch die Chronik der Entwicklungen zeigen, sind hier vorgestellt: 

Isolierte Inselzelltransplantationen

Mit Zelltransplantationen gibt es schon länger positive Erfahrungen. In einer Studie aus Frankreich wurden Patientinnen und Patienten mit Diabetes-Typ-1 bereits vor Jahren erfolgreich menschliche Pankreasinseln von Spendern transplantiert. Konkret wurde bei 28 Patienten eine isolierte Inselzelltransplantation durchgeführt: Nach fünf bzw. zehn Jahren waren 39 bzw. 28% der Diabetiker ohne Insulingaben gut eingestellt (HbA1c < 6.5%) und die Transplantate waren in rund 80% der Fälle noch funktionsfähig. Um eine Abstoßung des Transplantats zu vermeiden, wurden die Patienten mit den Immunsuppressiva Sirolismus und Tacrolismus behandelt3

Pluripotente Stammzellen und Organoide

Die Nachteile der isolierten Inselzelltransplantation – Spenderknappheit und höhere Infektanfälligkeit bedingt durch die Immunsuppressiva – führten zu einer Verlagerung der Forschung auf einen weiteren Ansatz: Organoide als „Mini-Versionen“ eines Organs, die in Struktur und Funktion dem Ursprungsorgan ähnlich sind.

Forschende vom Salk Institute in Kalifornien stellten 2020 im Labor ein Organoid des Pankreas aus pluripotenten Stammzellen her4. Sie transplantierten diese in Mäuse, wo sich die Organoide als funktionsfähig erwiesen: Sie konnten den Blutzuckerspiegel rasch normalisieren und auch beibehalten, eine Immunsuppression war nicht nötig.

Die erste autologe Therapie bei Menschen 

Mit diesem Ansatz wurde vor Kurzem ein Durchbruch in der Therapie des Diabetes Typ 1 beschrieben: In China wurde einer Patientin mit Diabetes Typ 1 Fettgewebe entnommen, dieses zu pluripotenten Stammzellen (CiPCSc) reprogrammiert und wiederum zu insulinproduzierenden Zellen differenziert. Nach ausführlichen Tierversuchen (keine Tumorbildung in Mäusen und Primaten) transplantierte man der Patientin diese autologen Insel-Organoide mit einem beeindruckenden Resultat: Innerhalb von 75 Tagen konnte die Patientin auf Insulingaben verzichten, auch nach zwölf Monaten bestand weiterhin normale Glykämie.5

Quellen:

  1. https://www.oedg.at/2025-06-PR-praevention-und-frueherkennung-von-diabetes-mellitus.html ↩︎
  2. https://www.gesundheit.gv.at/krankheiten/stoffwechsel/diabetes/typ-1.html ↩︎
  3. Vantyghem M-C et al., Ten-year outcome of islet alone or islet after kidney transplantation in type 1 diabetes: A prospective parallel-arm cohort study. Diabetes Care 2019; 42(11): 2042-2049  ↩︎
  4. Yoshihara E et al., Immune-evasive human islet-like organoids ameliorate diabetes. Nature 2021 Fe ; 590(7844):E27  ↩︎
  5. Wang S et al., Transplantation of chemically induced pluripotent stem-cell-derived islets under abdominal anterior rectus sheath in a type 1 
    diabetes patient. Cell 2024 Oct 31;187(22):6152-6164.e18
    ↩︎

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